Verbraucherinsolvenz

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Das Verbraucherinsolvenzverfahren

Das Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung gliedert sich in vier Abschnitte:

  1. Zuerst muss von einer „geeigneten Person oder Stelle” (§ 305 Absatz 1 Nr. 1 InsO) außergerichtlich eine Einigung mit den Gläubigern versucht werden. “Geeignete Person oder Stelle” sind bspw. Rechtsanwälte, Steuerberater oder gemäß § 1 Absatz 1 des Berliner AGInsO von dem Insolvenzgericht anerkannte Schuldnerberatungsstellen. (Vorsicht! Selbsternannte Schuldenregulierer sind keine “geeignete Stelle”.)

Zu dieser außergerichtlichen Einigung werden die Gläubiger um Auskunft über den aktuellen Schuldenbestand angeschrieben. Auf dieser Grundlage und nach rechtlicher Prüfung der Forderungen wird ein Schuldenbereinigungsplan erstellt, der es dem Schuldner ermöglicht, seine Schulden in überschaubarer Zeit im Rahmen seiner Möglichkeiten abzutragen. Der Schuldenbereinigungsplan wird den Gläubigern mit der Bitte um Zustimmung unterbreitet. Der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan ist nur dann angenommen, wenn alle Gläubiger zustimmen.

Haben alle Gläubiger zugestimmt, ist die Angelegenheit erledigt. Der Schuldner muss den Plan erfüllen und ist dann von seinen Schulden frei; allerdings nur, soweit sie in dem Plan erfasst sind.

  1. Scheitert dieser außergerichtliche Einigungsversuch, stellt die “geeigneten Person oder Stelle” eine Bescheinigung gemäß § 305 Absatz 1 Nr. 1 InsO aus. Es kann dann bei dem zuständigen Amtsgericht als Insolvenzgericht (hier in Berlin gibt es 11 Amtsgerichte) Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf einem dafür vorgeschriebenen amtlichen Vordruck gestellt werden, § 305 Absatz 5 InsO.

Mit Hilfe des Gerichts wird ggf. noch einmal versucht, eine Einigung mit den Gläubigern zu finden, §§ 306 ff. InsO. Hierbei kann die Zustimmung einzelner Gläubiger, die nicht nach Kopf oder Betrag die Mehrheit bilden, durch das Gericht ersetzt werden.

Kommt mit Hilfe des Gerichts der Schuldenbereinigungsplan zustande, ist die Angelegenheit erledigt. Der Schuldner muss den Plan erfüllen und ist dann von seinen Schulden frei; allerdings nur, soweit sie in dem Plan erfasst sind.

  1. Scheitert auch dieser gerichtliche Einigungsversuch, schließt sich das Insolvenzverfahren an, § 311 InsO, das sich seit dem 01.07.2014 kaum von dem Regelinsolvenzverfahren unterscheidet. Es wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, der die pfändbare Habe und das pfändbare Einkommen des Schuldners verwertet und an die Gläubiger verteilt. Den Pfändungsfreibetrag können Sie mit unserem Pfändungsrechner berechnen. Im Insolvenzverfahren kann auch ein Insolvenzplan erstellt werden, der für alle Gläubiger verbindlich ist, § 217 ff. InsO.
  1. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens wird für die Dauer der Abtretungsfrist ein Treuhänder eingesetzt. Das ist üblicherweise der Insolvenzverwalter, kann aber auch eine andere Person sein, § 288 InsO. Die Abtretungsfrist beträgt nach wie vor grundsätzlich sechs Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens, egal wie lange das Insolvenzverfahren selbst läuft. Sie kann auf Antrag auf fünf Jahre verkürzt werden, wenn in dieser Zeit die Verfahrenskosten aufgebracht werden; auf drei Jahre, wenn in dieser Zeit zusätzlich zu den Verfahrenskosten auch 35 % der Schulden beglichen werden, § 300 InsO; da sich die Verfahrenskosten aus der Masse berechnen, müssen also weit mehr als 35 % der Schulden gezahlt werden! Möglich ist auch eine noch frühere Entscheidung über die Restschuldbefreiung, wenn alle Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt, § 300 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 InsO. Für einen solchen Vergleich mit den Gläubigern empfehlen wir dringend rechtlichen Beistand.

Der Schuldner muss sich in der gesamten Abtretungsfrist, also auch während des Insolvenzverfahrens, bemühen, das zu verdienen, was er verdienen kann, § 287b InsO. Nach Aufhebung der Insolvenz muss er die Obliegenheiten gemäß § 295 InsO erfüllen. Was er oberhalb der Pfändungsfreigrenze verdient, ist an den Treuhänder abgetreten, der den Erlös auf die Kosten des Verfahrens anrechnet, den Rest an die Gläubiger verteilt. Nach Ablauf der sechs Jahre, bzw. auf Antrag unter den vorgenannten Voraussetzungen früher, bekommt der Schuldner dann durch Beschluss des Gerichts Restschuldbefreiung. Auf Antrag eines Gläubigers und unter bestimmten Umständen gibt es keine Restschuldbefreiung für Schulden aus unerlaubter Handlung, rückständigem Unterhalt und Steuerhinterziehung oder wenn der Schuldner gewisse Obliegenheiten verletzt, insbesondere, wenn er sich nicht um eine Erwerbstätigkeit bemüht oder falsche Angaben macht.

Seit dem 01.12.2001 wird für das Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung Verfahrenskostenstundung gewährt. Die Verfahrenskosten werden vom Staat gestundet; das heißt, die Kosten müssen erst später im Rahmen der Möglichkeiten gezahlt werden. Die Verfahrenskostenstundung bezieht sich auf die Gerichtskosten und Kosten des Insolvenzverwalters. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts und damit die Übernahme der Rechtsanwaltskosten durch den Staat wird nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bewilligt.

Muss Insolvenz sein?

  1. Prüfen Sie, ob Sie Ihre Situation nicht aus eigener Kraft bewältigen können. Kommen Sie zu dem Schluss, dass Sie Ihre Schulden innerhalb von 5 Jahren oder in kürzerer Zeit abtragen können, sollten Sie nicht in Insolvenz gehen. Stellen Sie aber fest, dass Sie bei aller Anstrengung, Einsparung und Verwertung Ihres Vermögens länger als 5 Jahre auf Ihre Schulden zahlen müssen, ohne diese vollständig oder gar nur die Zinsen begleichen zu können, sollten Sie professionelle Hilfe suchen.
  1. Wenden Sie sich an eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle, einen Rechtsanwalt oder einen Steuerberater. Adressen von anerkannten Schuldnerberatungsstellen finden Sie u. a. hier. Meiden Sie selbsternannte Schuldenregulierer und Kredithaie! Erkundigen Sie sich im Zweifelsfall bei der Verbraucherzentrale.
  1. Wir sind als Rechtsanwälte und Fachanwalt für Insolvenzrecht gerne bereit, Sie zur Vermeidung oder bei Durchführung des Insolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung zu beraten und zu vertreten. Es entstehen Ihnen hier diese Kosten (Kosten für Schuldner/in im Insolvenzverfahren).

Wenn Sie von uns vertreten werden wollen, ist von Ihnen erst einmal folgendes zu tun:

  1. Erstellen Sie eine Gläubigerliste. Ein Merkblatt “Erste Unterlagen für (Regel- und Verbaucher‑) Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung” und ein Formular für die Gläubigerliste können Sie auf unserer Serviceseite herunterladen.
  1. Besorgen Sie sich bei der Rechtsantragsstelle des für Sie zuständigen Amtsgerichts einen Beratungshilfeschein für “Beratung und Vertretung zur Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung” oder kurz: “für Verbraucherinsolvenz”. Ein Vordruck für den Antrag auf Beratungshilfe ist bei den Rechtsantragstellen der Amtsgerichte erhältlich. Sie müssen Belege über Ihre Einkommen und Ihre finanziellen Belastungen dorthin mitbringen. Den Beratungshilfescheine erhalten Sie aber nur, wenn Ihnen die Vertretung durch eine Schuldnerberatungsstelle, etwa wegen zu langer Wartezeiten oder zu weiter Wege, nicht zumutbar ist (BVerfG, 1 BvR 1911/06 vom 04.09.2006).
  1. Rufen Sie hier an (Tel. 030  7 20 20 93-0) oder senden Sie uns eine E-Mail (kanzlei@rae-roemer.de) und vereinbaren Sie einen Besprechungstermin. Zu diesem Termin bringen Sie bitte mit:
      • die Gläubigerliste mit den zugeordneten (!), sortierten (!) Unterlagen,
      • Belege über Ihr Einkommen,
      • den Beratungshilfeschein und 11,90 Euro in bar oder
      • einen Betrag in Höhe unserer Kosten

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir unsortierte Unterlagen nicht entgegennehmen. Wenn Sie keinen Beratungshilfeschein mitbringen, müssen Sie die Kosten selbst tragen. Zu unseren Kosten schauen Sie bitte hier.

Da wir nicht auch auf Ihrer Gläubigerliste erscheinen wollen, müssen wir auf Zahlung im Voraus bestehen.

  1. Wir prüfen dann Ihre Schulden und bitten die Gläubiger um Auskunft gemäß § 305 Absatz  2 Satz 2 InsO. Wenn die Voraussetzungen einer Insolvenz gegeben sind, erstellen wir einen Schuldenbereinigungsplan. Von allen Schreiben erhalten Sie Kopien. Die Schreiben auf Auskunft und der Schuldenbereinigungsplan werden erst nach Ihrer schriftlichen Zustimmung versandt. Vorher erfährt von uns niemand, dass Sie Insolvenz beantragen wollen.

Eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern ist um so wahrscheinlicher, je weniger Gläubiger es gibt, je älter die Schulden sind und je aussichtsloser deren Ausgleich ist. In geeigneten Fällen konnten wir erreichen, dass Schulden für 10% ihres Nominalwertes abgegolten wurden. Oft scheitert aber der außergerichtliche Einigungsversuch. Der vergebliche Versuch ist jedoch Voraussetzung für das weitere Verfahren.

  1. Füllen Sie den Insolvenzantrag aus. Viele Fragen sind einfach zu beantworten. Bei Schwierigkeiten helfen wir Ihnen. Das amtliche Antragsformular können Sie hier herunterladen.

Wir prüfen Ihre Angaben und reichen den Insolvenzantrag bei dem für Sie zuständigen Amtsgericht ein. Soweit beantragt, wird das Amtsgericht durch Beschluss Maßnahmen der (Einzel-) Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen untersagen. Zur Abgabe der Vermögensauskunft, § 802c ZPO, bleiben Sie allerdings bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtet. Das Amtsgericht wird Ihnen die Verfahrenskosten des Insolvenzverfahrens (Gerichtskosten und Kosten des Treuhänders) stunden und das Insolvenzverfahren eröffnen. Stunden heißt, Sie müssen die Kosten nicht jetzt, aber ggf. später im Rahmen Ihrer Möglichkeiten in Raten an das Gericht zahlen.

  1. Auf Wunsch vertreten wir Sie auch im Insolvenzverfahren, in der Gläubigersammlung und im Prüfungstermin. Mangels Übernahme der Kosten durch den Staat fallen dann allerdings hier weitere Kosten an. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens läuft die Frist von bis zu 6 Jahren bis zu Ihrer Restschuldbefreiung (Abtretungsfrist). Sie müssen auch in dieser Zeit unbedingt Ihre Obliegenheiten als Schuldner erfüllen. Andernfalls kann später die Restschuldbefreiung versagt werden.

Alles Weitere ist in einem zu vereinbarenden Termin zu besprechen.

Es kommt immer auf  die Besonderheiten des Einzelfalls an. Die vorgenannten Hinweise dürfen nicht ungeprüft übernommen werden!